Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie



Um zu verstehen, was es in der Teilchenphysik mit Symmetrien auf sich hat, ist ein kleiner Exkurs notwendig.

In der klassischen Mechanik kennen wir schon zwei der in der Teilchenphysik auftretenden Symmetrien:

  1. Die Spiegelsymmetrie - Parität "P"

    Betrachten wir einen Stoß zwischen zwei Massenpunkten, einmal direkt und einmal durch einen Spiegel. Klassisch sind beide Prozesse nicht voneinander zu unterscheiden. Auf für die meisten Prozesse in der Teilchenphysik gilt, daß ein Prozess und sein Spiegelbild gleich wahrscheinlich sind.

  2. Zeitumkehrinvarianz "T"

    Wenn wir den oben betrachteten Vorgang filmen und den Film rückwärts laufen lassen, erhalten wir wieder einen klassisch durchaus mölichen Vorgang (vorausgesetzt, der Stoß war elastisch). Auch bei den meisten Prozessen in der Teilchenphysik sind beide Zeitrichtungen gleich wahrscheinlich: wenn ein Teilchen in zwei andere zerfallen kann, dann ist es auch mit der gleichen Wahrscheinlichkeit mölich, beim Zusammenstoß der beiden Zerfallsprodukte das Mutterteilchen zu erzeugen.

  3. Teilchen-Anti-Teilchen-Austausch - Ladungskonjugation "C"

    Für die jetzt betrachtete Symmetrie gibt es kein klassisches Analogon. Jemand zeigt uns einen Film, d.h. er hat unter Ausnutzung der Wechselwirkung von Materie oder Antimaterie mit Photonen Informationen über einen Vorgang aufgezeichnet. Kann man dem Film ansehen, ob ein Vorgang mit Teilchen oder mit den entsprechenden Anti-Teilchen abgelaufen ist? Die Antwort ist: In den meisten Fällen geht dies nicht, die Natur macht meist keinen Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen: z.B. ist die Abstoßung zwischen zwei Elektronen genau so groß wie die zwischen zwei Positronen.

Was ist nun das besondere in der Teichenphysik?

Diese erstaunliche Erkenntnis über die schwache Wechselwirkung war zunächst experimentell beim schwachen Zerfall von Kobalt-60 Kernen beobachtet worden und traf die meisten Physiker wie ein Schock. Machen wir uns die Bedeutung an einem etwas einfacheren Beispiel klar, dem Zerfall eines negativen Pions in ein Myon und ein Myon-Antineutrino.

Oben links ist der Zerfall eines negativen Pions in ein Myon und ein Myon-Antineutrino gezeigt. Die fett gezeichneten Pfeile geben dabei die Flugrichtung und die Doppelpfeile die Spin-Orientierung an. Der gezeigte Zefall wird so tatsächlich beobachtet.

Führt man nun eine Spiegelung entlang der gestrichelten Linie (P) durch, so kehren sich die Flugrichtungen der Teilchen um, aber die Spin-Richtungen bleiben erhalten. Dieser Vorgang wird so in der Natur nicht beobachtet!

Führt man einen Teilchen-Antiteilchen-Austausch entlang der gestrichelten Linie (C) durch, erhät man wieder eine Konfiguration, die nicht beobachtet wird.

Erst, wenn man den Teilchen-Antiteilchen-Austausch und die Spiegelung ausführt (die "CP"-Transformation), ergibt sich eine Konfiguration, die mit der gleichen Häufigkeit beobachtet wird wie die Ausgangskonfiguration.

Besonders klar wird dies an einer Eigenschaft der Neutrinos: Neutrinos haben ihren Spin entgegengesetzt zu ihrer Flugrichtung, man sagt daher, sie seien "linkshändig". Bei Anti-Neutrinos zeigt der Spin in Flugrichtung, sie sind also "rechtshändig". Da Neutrinos nur an der schwachen Wechselwirkung teilnehmen, ist also die "Händigkeit" eine Eigenschaft der schwachen Wechselwirkung, oder genauer der durch die Kopplung an W-Bosonen verursachten Wechselwirkung.


CP-Verletzung

Lange nahm man nun an, CP sei eine von allen Wechselwirkungen respektierte Symmetrie. Allerdings gibt es eine Ausnahme: den Zerfall von neutralen K-Mesonen. Hier ist in etwa einem Promille aller Zerfälle die CP-Symmetrie verletzt. Diese CP-Verletzung kann im Rahmen der schwachen Wechselwirkung verstanden werden, vielleicht verbirgt sich dahinter aber auch eine neue Wechselwirkung?

Gegenwärtig gehört die CP-Verletzung zu den interessantesten experimentellen Aktivitäten der Teilchenphysik. In Präzisionsexperimenten mit K-mesonen versucht man zu klären, ob die CP-Verletzung eine Eigenschaft der schwachen Wechselwirkung ist. Weitere Experimente suchen nach CP-Verletzung bei anderen Mesonen; besonders vielversprechend sind hier solche mit b-Quarks.